Verhebetrauma bei Bestattern

Ein Verhebetrauma, das der Bestatter während der beruflichen Tätigkeit beim Anheben einer Leiche erlitten hat, erfüllt die gesetzliche Anforderung an Arbeitsunfälle, da die dabei stattgefundene (mechanische) Krafteinwirkung zu den äußeren Ursachen rechnet. Der sogleich festgestellte Muskelbauch am rechten distalen Oberarm, der rechtlich wesentlich auf dieser Einwirkung beruht, reicht für den erforderlichen Gesundheitserstschaden aus.

 

Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat
Entscheidungsdatum: 19.07.2018
Aktenzeichen: L 6 U 1695/18

Kinder, die durch Großeltern betreut werden, sind nicht gesetzlich unfallversichert

Das BSG in Kassel hat am 19.06.2018 entschieden:

 

„Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Beigeladene nicht als Kind während der Betreuung durch eine geeignete Tagespflegeperson nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII versichert war. Die Klägerin konnte die Feststellung eines Versicherungsfalls im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft verlangen. Auch das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ist nicht entfallen, obwohl sie vom Landgericht rechtskräftig zur Leistung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt worden ist, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass sich durch die Feststellung eines Versicherungsfalls des Beigeladenen die Rechtsstellung der Klägerin verbessert. Um widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, hätte das Landgericht allerdings gemäß § 108 Abs 2 SGB VII das bei ihm anhängige Verfahren bis zu einer unanfechtbaren Entscheidung des Unfallversicherungsträgers über das Vorliegen eines Versicherungsfalls aussetzen müssen. Bei dem Unfall des Beigeladenen handelte es sich nicht um einen versicherten Arbeitsunfall nach § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII, weil es an einer Einbindung des Jugendamts in das Betreuungsverhältnis zwischen Klägerin und Beigeladenem fehlt. Nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII sind Kinder ua während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen iS des § 23 SGB VIII unfallversichert. Eine versicherte Betreuung im Sinne dieser Vorschrift ist nur dann gegeben, wenn das Betreuungsverhältnis unter Beteiligung des zuständigen Trägers der Jugendhilfe zustande gekommen ist. Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift, ergibt sich jedoch aus dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Regelung. § 23 SGB VIII definiert die Förderung in Kindertagespflege als Leistung der Jugendhilfe. Diese umfasst die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Tagespflegeperson sowie deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung sowie die Gewährung einer laufenden Geldleistung. Suchen die Eltern selbst eine geeignete Betreuungsperson, muss diese zur Erlangung der Förderung gegenüber dem Jugendamt nachgewiesen werden. § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII regelt die Unfallversicherung für Schüler, Studenten sowie Kinder in Kindertageseinrichtungen. Den Tatbeständen des § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII ist gemeinsam, dass sie Kinder und Jugendliche in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung einbeziehen, weil sie sich in einer staatlich verantworteten Vorstufe zu einer späteren Berufstätigkeit befinden. Dabei liegt jeweils eine gewisse Institutionalisierung vor, die bei Studierenden durch die Immatrikulation, bei Schülern durch den Schulbesuch und bei Kleinkindern durch den Besuch von erlaubnispflichtigen Kindertageseinrichtungen zum Ausdruck kommt. Mit der Aufnahme der Tagesbetreuung bei geeigneten Tagespflegepersonen in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung seit dem 1.1.2005 sollte die Kindertagespflege der Betreuung in erlaubnispflichtigen Tageseinrichtungen gleichgestellt werden, sodass der Unfallversicherungsschutz auch nur für vergleichbare Tagespflegeverhältnisse gelten kann, für die der Jugendhilfeträger eine gewisse Gewähr hinsichtlich der Eignung übernommen hat. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der durch die Bezugnahme auf § 23 SGB VIII sicherstellen wollte, dass nur die Kinder zum versicherten Personenkreis gehören, deren Tagespflegepersonen beim Träger der Jugendhilfe oder durch diesen beauftragte Stellen registriert sind und sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz, die ihnen zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten sowie ihre Kooperationsbereitschaft als geeignet erweisen. Da der Beigeladene keinen nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII versicherten Unfall erlitten hat, scheidet eine Haftungsbeschränkung zugunsten der Klägerin nach § 104 SGB VII oder § 106 Abs 1 SGB VII aus. Soweit das LSG außerdem eine Haftungsbeschränkung zugunsten der Klägerin nach § 105 Abs 2 SGB VII geprüft hat, war dies nicht zulässiger Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Beklagte konnte schon mangels Zuständigkeit hierzu keine Entscheidung treffen. Lediglich beiläufig wird darauf hingewiesen, dass eine Haftungsprivilegierung der Klägerin nach § 105 Abs 2 Satz 2 SGB VII an der fehlenden Unternehmereigenschaft des Beigeladenen scheitern dürfte. Der Beigeladene kann nicht Unternehmer seiner eigenen Beaufsichtigung und Betreuung sein. Insoweit handelt es sich um familienrechtliche Pflichten der Eltern, die diese zwar möglicherweise auf Dritte, keinesfalls aber auf das Kind selbst übertragen können, sodass der Beigeladene selbst nicht Unternehmer ist.“

Sozialgericht Magdeburg – S 10 U 143/13
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt – L 6 U 58/14
Bundessozialgericht – B 2 U 2/17 R

Krankengeldanspruch – Festellung der AU

Feststellung von Arbeitsunfähigkeit auch durch den während der Reha-Maßnahme behandelnden Arzt möglich

Bisherige Rechtsprechung des BSG:

Das BSG hat mehrfach entschieden, dass sich die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit nicht nur aus den Feststellungen von behandelnden Ärzten ergibt (Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 20/11 R, Urteil vom 14.12.2014, B 1 KR 35/14 R).

Neue Entscheidung des LSG Niedersachsen:

Das LSG Niedersachsen hat mit Urteil vom 07.12.2017 (L 5 KR 501/16) festgestellt, dass die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit sich auch aus dem Entlassungsbericht einer Rehabilitationseinrichtung ergeben kann.

So kann nach einer Reha-Maßnahme der Krankengeldanspruch weiterhin gesichert werden.

 

„Neue Rechtsprechung zum Versicherungsrecht:

Mangelhafte Belehrung des Versicherungsnehmers über das Widerspruchsrecht
Wird der Versicherungsnehmer einer Rentenversicherung nicht wirksam über sein Widerspruchsrecht
belehrt, weil die Belehrung nicht in drucktechnisch deutlicher Form hervorgehoben wurde,
so ist ein Widerspruch
ungeachtet des Ablaufs der gesetzlich normierten Jahresfrist rechtzeitig. Der zwischen den Parteien
geschlossene
Versicherungsvertrag schafft in diesem Fall keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Der
Versicherungsnehmer hat gegen den Versicherer Ansprüche auf Rückzahlung der Prämien und
auf Herausgabe
von Nutzungen aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Beschluss des BGH vom 27 . 09 . 2017 , Az.: IV ZR 506 / 15

Erster Gerichtsauftrag an unabhängige Prüfstelle

Unsere Kanzlei konnte im letzten Jahr einen ersten (!) Gerichtsauftrag an eine von der Berufsgenossenschaft unabhängige Prüfstelle für Arbeitsbelastungen erwirken – hier wegen Wirbelsäulenbelastung.

Nach nunmehr etwa zweijährigem Bemühen auch vor dem Bundessozialgericht Kassel ist es erstmals gelungen ein Sozialgericht Bayerns (LSG München) zu einem solchen Ermittlungsauftrag außerhalb der Berufsgenossenschaft zu bewegen. Bisher wurde immer der Präventionsdienst der entsprechenden BG beauftragt. Das Eis scheint gebrochen.

Fibromyalgie

Fibromyalgie galt lange als mysteriöse Krankheit. Die Diagnose ist schwierig, der Auslöser unbekannt. In der sozialrechtlichen Praxis haben wir häufig mit diesem Krankheitsbild zu tun, das zur Arbeitsunfähigkeit und mitunter zur Verrentung führt. Dabei sind Rechtstreitigkeiten häufig vorprogrammiert. Die Sozialgerichte nehmen große Zurückhaltung bei der Anerkennung ein. Auch in Streitigkeiten über die Schwerbehinderteneigenschaft und den angemessenen Grad der Behinderung (GdB) spielt das Krankheitsbild nicht selten eine große Rolle. Jetzt hat die Universitätsklinik Würzburg (http://www.uni-wuerzburg.de/sonstiges/meldungen/single/artikel/fibromyalg/) in einer Studie erste Nachweise der Krankheit erbracht: Schäden in den kleinen Nervenfasern. In den UMG,-Versorgungsmedizinischen Grundsätzen ist das Krankheitsbild anerkannt. Wenn Sie unter diesem Krankheitsbild leiden und um die Anerkennung gegenüber Sozialversicherungsträgern und den Versorgungsämtern streiten müssen, beraten und vertreten wir Sie gerne. Sprechen Sie uns an.

Neuprüfungsverfahren § 44 SGB X.

Im Sozialrecht ist im Unterschied zu allen anderen Rechtsgebieten grundsätzlich die Überprüfung eines in der Vergangenheit rechtskräftig abgeschlossenen Vorgangs erneut möglich und man kann eine sachliche Neuprüfung bewirken. Es sollen hier möglichst neue diagnostische Feststellungen vorgetragen werden, die die Entscheidung der Vergangenheit falsch erscheinen lassen bzw. sonstige Umstände bekannt geworden sind. Die Kanzlei hat viele dieser Verfahren durchgeführt und bei allen Widerstand von Gerichten zum Teil spektakuläre Erfolge erzielt.
Neubewertung von Sehnenschäden durch Berufsgenossenschaft
Die frühere Lehre „eine gesunde Sehne reißt nicht“, ist durch die Berufsgenossenschaften aufgegeben. Es ist nun hier einfacher Sehnenschäden durchzusetzen.
Die Kanzlei ist seit 1989 tätig in einer Betreuungssache, bei der der Betreute im Heim der Lebenshilfe Würzburg wohnt und in den Werkstätten arbeitet. Während der Gesamtzeit ergab sich immer eine reibungslose Zusammenarbeit und gute Betreuung unseres Betreuten.